Niedrige Zinsen: Widerrufs-Joker auch nach dem 21. Juni noch nutzen

Die aktuell sehr niedrigen Zinsen machen es attraktiv, einen alten Darlehensvertrag zu deutlich höheren Zinsen zu widerrufen. Möglich ist das, wenn die Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist. Bei Verträgen, die zwischen dem 1. September 2002 und dem 10. Juni 2010 abgeschlossen wurden, ist das nur noch möglich, wenn der Widerruf fristgemäß bis zum 21. Juni 2016 erklärt wurde. Aber auch nach Ablauf der Frist gibt es weiterhin gute Chancen auf einen erfolgreichen Widerruf bei Darlehensverträgen! Dies gilt für Darlehen, die am 11. Juni 2010 oder später zustande kamen oder die nicht durch eine Grundschuld abgesichert sind. Darauf spezialisierte Anwälte helfen dabei, die eigenen Möglichkeiten zu nutzen. Hier eine Zusammenfassung wann und wie der Widerrufs-Joker auch jetzt noch gezogen werden kann.

Welche Belehrungen sind fehlerhaft – welche nicht?

Es gibt Urteile verschiedener Gerichte, die definieren, welche Belehrungen des Darlehensgebers fehlerhaft sind. Dabei handelt es sich zum Beispiel um die Formulierung, dass die Frist frühestens mit dem Zeitpunkt der Belehrung beginne: Das Wort „frühestens“ sei unklar, sagen die Gerichte. Ein fehlender Hinweis auf die Rechtsfolgen des Widerrufs gibt dem Darlehensnehmer ebenso gute Erfolgschancen. Weist die Bank nicht auf die Rechtsfolgen des Widerrufs verbundener Geschäfte hin, ist der Vertrag ebenfalls fehlerhaft. Auch ergänzende aber verwirrende und unverständliche Formulierungen für den Kreditnehmer bilden eine fehlerhafte Belehrung. Verwendete eine Bank hingegen das amtliche, vorgesehene Muster der Widerrufsbelehrung, gilt sie als korrekt. Das schließt selbst den Fall ein, dass solch ein Muster fehlerhaft war. Dabei darf das Geldinstitut aber weder inhaltlich noch in der Gestaltung von dem gesetzlichen Muster abgewichen sein.

Widerruf bringt finanzielle Vorteile

War die Widerrufsbelehrung bei einem Baukredit zum Beispiel fehlerhaft, bedeutet das formaljuristisch: Die 14-tägige Widerrufspflicht – so ist sie gesetzlich vorgeschrieben – konnte gar nicht in Kraft treten. In dieser Feststellung steckt ein Ersparnispotenzial von mehreren zehntausend Euro. Ein Kredit über 200.000 Euro, abgeschlossen 2009 zu 4,5 Prozent Zinsen über zehn Jahre, kostet Sie pro Monat 1000 Euro. Ihre Restschuld 2019 beträgt 162.000 Euro. Beim Ausstieg aus dem Vertrag und einer Neuaufnahme zu jetzt aktuellen zwei Prozent Zinsen, stehen 2019 nur noch 150.000 Euro zu Buche: Sie haben 12.000 Euro gespart. Dazu kommt der Nutzungsersatz, weil die Bank mit den bisherigen Zins- und Tilgungsleistungen gewirtschaftet hat. Ihn setzen die Gerichte so an, dass für Sie eine weitere Ersparnis von zehn bis 20 Prozent anfällt.

In vier Schritten raus aus dem Vertrag

Hat der Widerruf Erfolg, muss der Kunde dem Geldinstitut die noch verbliebene Summe innerhalb von 30 Tagen zurückzahlen. Das ist kein Problem, weil er zu günstigeren Konditionen eine Anschlussfinanzierung bekommt. Es empfiehlt sich folgende Vorgehensweise:

  • Widerrufsbelehrung überprüfen mit Hilfe eines darauf spezialisierten Rechtsanwalts
  • neues Kreditangebot einholen – wegen der niedrigen Zinsen gerne mit längerer Laufzeit
  • Widerruf erklären mit Hinweis auf die fehlerhafte Belehrung
  • Anwalt beauftragen, wenn die Bank den Widerruf nicht akzeptiert.

Es gibt Anwaltskanzleien, die bereits nachweislich den Widerspruch für ihre Mandanten gegenüber den Banken durchsetzten. Sie empfehlen unter anderem, dem alten Geldgeber die Konditionen des neuen Kredits offenzulegen. Möglicherweise macht der alte Darlehensvermittler ein Angebot in gleicher Qualität.